Schutzrechts Know-how für Gründende

5 Fragen an Rechtsanwalt Dr. Eckhard Ratjen (Boehmert & Boehmert) aus Bremen.

Auch für Gründungswillige und Startups ist die Auseinandersetzung mit dem Thema Schutzrechte wichtig. Im Gespräch mit der InnoWi berichtet der Bremer Rechtsanwalt Eckhard Ratjen, für wen und wann hieran kein Weg vorbei führt und welche Überlegungen die ersten sein sollten

Am Anfang jeder Gründung ist das Geld knapp – an welchen Schutzrechtsfragen komme ich als Startup dennoch nicht vorbei – und warum?
Eckhard Ratjen: “Es sollten Prioritäten gesetzt werden, um die begrenzten finanziellen Mittel richtig und damit effektiv einzusetzen. Dafür bedarf es zunächst einer Analyse des eigenen Geschäftsmodells. Was für Produkte werden von meinem Unternehmen angeboten, wer sind meine Abnehmerkreise und welche Wettbewerber kann ich identifizieren? Die Beantwortung dieser Fragen ist ganz entscheidend dafür, welchen Stellenwert Schutzrechte bei einem Startup haben sollten. Der Grundsatz ist wie folgt: Je leichter das in Rede stehende Produkt kopiert werden kann und je umkämpfter der Markt ist, desto wichtiger sind gewerbliche Schutzrechte.

Zunächst geht es also um die Begrenzung von Risiken. Konkret ist zu fragen, ob ich mit meinem Produkt, meinem Unternehmensnamen oder meiner Marke die Rechte von anderen Unternehmen verletze und mich somit haftbar mache. Neben der Verletzung von fremden Patenten, Designs und Urheberrechten ist hier auch an die Verletzung von Kennzeichenrechten wie Marken oder Unternehmenskennzeichen zu denken. Eine berechtigte Abmahnung oder ein Gerichtsverfahren, in dem eine Schutzrechtsverletzung bestätigt wird, resultiert nicht nur in hohen Kosten, sondern hat in aller Regel auch zur Folge, dass der Vertrieb eines Produkts bzw. die Benutzung eines Kennzeichens vollständig eingestellt werden muss. Der Reputationsschaden für ein Unternehmen kann erheblich sein.

Darüber hinaus kann die Anmeldung von Schutzrechten zur Schaffung von Werten und Wettbewerbsvorteilen führen und mit der Anmeldung einer Marke sichert man seine eigene Markenbenutzung für die Zukunft ab. Hier muss allerdings frühzeitig gehandelt werden. Schutzvoraussetzung für ein Patent oder ein Design ist unter anderem die sogenannte „Neuheit“, was im Kern bedeutet, dass das abzusichernde Produkt vor Anmeldung auf dem Markt noch nicht bekannt sein darf. Es muss also bereits vor Markteinführung entschieden werden, ob eine patent- oder designrechtliche Absicherung angestrebt werden soll. Sobald das Produkt erst auf dem Markt ist, ist es häufig schon zu spät und andere Unternehmen können ungefragt kopieren. Mit der Marke verhält es sich ähnlich. Die bloße Benutzung einer Marke als Produktname vermittelt grundsätzlich keine Handhabe, Dritten die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens zu untersagen. Schlimmer noch: Ohne eigene Marke könnten Dritte ein identisches oder ähnliches Zeichen sogar selbst registrieren lassen und dann die möglicherweise schon langjährig andauernde eigene Benutzung untersagen. Nur mit einer eigenen Marke kann bei Produktnamen ein solches Szenario verhindert werden.”

Was muss ich als Gründungswilliger über die Schutzrechte anderer wissen?
“Gründungswillige werden sich immer folgende Frage stellen müssen: Verletze ich mit meinem Produkt oder meinem Unternehmensnamen bzw. meiner Marke die Schutzrechte von anderen und droht somit ein relevantes Abmahnungsrisiko? Um dieses Risiko auf ein vertretbares Maß zu reduzieren, muss nach älteren Schutzrechten recherchiert werden. Wie umfangreich dies geschehen sollte, hängt entscheidend von den jeweiligen Produktbesonderheiten ab und bedarf einer Beurteilung im Einzelfall. Fest steht aber: Es muss recherchiert werden!

Ob ein Produkt technische Schutzrechte – etwa Patente – von Dritten verletzt, ist grundsätzlich mittels einer sogenannten „Freedom-to-Operate“ Recherche zu ermitteln. Hier wird in den Patentregistern recherchiert und anschließend kann eine Aussage dazu getroffen werden, ob ein relevantes Verletzungsrisiko besteht. Im Designbereich erfolgt dies mittels Designrecherchen und im Kennzeichenrecht über sogenannte Verfügbarkeitsrecherchen, bei denen nach identischen oder ähnlichen Firmennamen und Markenrechten recherchiert wird.

Für alle hier genannten Recherchen gilt: Auf Grundlage der Rechercheergebnisse kann das Verletzungsrisiko besser eingeschätzt werden. Eine informierte Entscheidung ist möglich und durch Veränderungen am Produkt bzw. des Markennamens können etwa bestehende Risiken auf ein vertretbares Maß herabgesenkt werden. Die Durchführung von Recherchen ist damit unerlässlich.”

Was kann ich selbst erledigen, wann und wozu brauche ich professionelle Unterstützung?
“Bevor eine Patent- und Rechtsanwaltskanzlei oder auch Einrichtungen wie die InnoWi eingeschaltet werden, macht es für Startups Sinn, zunächst einige Recherchen anzustellen. Häufig bringt eine erste Internetrecherche wichtige und interessante Erkenntnisse hervor. So lässt sich schnell ermitteln, welche Markennamen oder Designs Wettbewerber nutzen und ob die eigenen Produkt- oder Designideen hiermit kollidieren. Das Deutsche Patent- und Markenamt bietet unter seinem Internetauftritt ein Basisrecherchetool an, mit dem jeder kostenfrei nach eingetragenen Schutzrechten recherchieren kann. Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, sind solche Einsteigerrecherchen in jedem Fall empfehlenswert.

Sofern eine verlässliche Risikoeinschätzung gewünscht ist, empfiehlt es sich, umfangreiche Schutzrechtsrecherchen durchführen zu lassen, die vorzugsweise durch Einrichtungen wie die InnoWi oder von einer Patent- und Rechtsanwaltskanzlei erledigt werden sollten. Auf Grundlage dieser Ergebnisse und nach rechtlicher Bewertung durch einen Patent- oder Rechtsanwalt kann anschließend eine informierte Entscheidung getroffen werden, ob der Produktvertrieb oder eine Markenbenutzung aufgenommen werden kann oder ob besser noch Maßnahmen ergriffen werden, um aufgedeckte rechtliche Risiken herabzusetzen.

Professionelle Unterstützung wird man regelmäßig auch bei der Ausarbeitung und Einreichung von Anmeldungen für technische Schutzrechte (Patente und Gebrauchsmuster) benötigen. Diese Vorgänge sind überaus komplex und hier werden schnell Fehler gemacht. Empfehlenswert ist dies auch bei Designanmeldungen, da hier durch die falsche Auswahl der Designdarstellungen ganze Anmeldeserien wertlos werden können. Im Markenbereich zeigt die Erfahrung, dass es sinnvoll ist, das mit der Anmeldung einzureichende Waren- und Dienstleistungsverzeichnis mit einer fachkundigen Person vorab abzustimmen. Es ist wichtig, dass bereits mit der Anmeldung alle aktuell und künftig relevanten Waren und Dienstleistungen beansprucht werden, da nach Einreichung einer Markenanmeldung das einmal eingereichte Verzeichnis nicht mehr erweitert werden kann. Die Markenanmeldung selbst ist kein „Hexenwerk“. Sofern das Budget eng ist, können Startups dies auch häufig selbst erledigen.”

Sollte ich meinen Unternehmensnamen bereits gleichzeitig mit der Eintragung ins Register (bei Gründung) als Marke schützen lassen?
“Wichtig zu wissen ist: Unternehmensname und Marke können sich unterscheiden. Häufig wird der Unternehmensname aber gleichzeitig auch als Marke eingesetzt und gerade bei Startups ist dies oft der Fall. Unternehmensnamen genießen in Deutschland Schutz als sogenanntes Unternehmenskennzeichenrecht. Dieser Schutz entsteht mit der bloßen Aufnahme der geschäftlichen Tätigkeit und erstreckt sich dabei auf die Branche, in der das Unternehmen tätig ist. Eine Registrierung im Handelsregister ist dabei nicht erforderlich. Das Markengesetz gewährt für Unternehmenskennzeichen einen Schutz, der vergleichbar zu dem Schutz ist, der über eine eingetragene Marke vermittelt wird. Man kann demnach von einer Art Basisschutz sprechen.

Das Unternehmenskennzeichenrecht birgt allerdings auch Schwächen und die Rechtsdurchsetzung ist häufig aufwendig. Möchte man sich in einem Rechtsstreit auf das Unternehmenskennzeichenrecht berufen, so muss die Existenz vom Inhaber dargelegt und bewiesen werden. Ein bloßer Verweis auf das Handelsregister oder den Internetauftritt genügt dabei nicht. Vielmehr muss umfangreich zu den geschäftlichen Tätigkeiten und gegebenenfalls auch zu Geschäftsinterna wie Absatz- und Umsatzzahlen vorgetragen werden. Der Nachweis ist aufwendig und sensible Informationen müssen preisgegeben werden. Darüber hinaus ist der Schutz des Unternehmenskennzeichens auf Deutschland beschränkt. Außerhalb von Deutschland ist das Unternehmen meist schutzlos.

Aufgrund der bestehenden Schwächen des Unternehmenskennzeichenrechts empfiehlt es sich daher, auch bei Identität von Unternehmensnamen und Marke das Zeichen frühzeitig als Marke eintragen zu lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die geschäftliche Tätigkeit nicht auf Deutschland beschränkt ist. In diesem Fall mag es dann sinnvoll sein, direkt eine Unionsmarke anzumelden, die Schutz in allen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union vermittelt. Der Aufwand bei der Rechtsdurchsetzung kann mit einer Marke auf ein Mindestmaß reduziert werden. Schließlich kann die Existenz eines Markenrechts schon durch die bloße Vorlage der Registrierungskunde bewiesen werden.”

Gibt es Fördermittel im Zusammenhang mit Schutzrechtsanmeldungen und falls ja; wo kann ich mich hierzu informieren?
“Tatsächlich gibt es verschiedene Fördermittel im Zusammenhang mit Schutzrechtsanmeldungen, auf die Startups zugreifen können. Beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) können junge Unternehmen beispielsweise Finanzierungshilfen und Gutscheine für Schutzrechtsanmeldungen beantragen. Um auf dem neuesten Stand zu bleiben, empfiehlt es sich den KMU-Newsletter zu abonnieren.”

SIE MÖCHTEN MEHR ERFAHREN?
Wir, das Bremer Patent- und Markenzentrum informieren Sie jederzeit gerne individuell und umfassend zum allen Schutzrechtsthemen und beantworten auch Ihre individuelle Fragestellungen bzw. verweisen auf entsprechende Kontakte in unserem Netzwerk. Auch mit welchen Kosten Sie rechnen müssen bzw. welche Fördermittel ggf. für Ihre Schutzrechtsanmeldung infrage kommen, erörtern wir gerne gemeinsam mit Ihnen. Eine kurzes Erstgespräch ist in jedem Fall kostenlos.

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